Tanz zwischen Mythos und Moderne

Ein Porträt von Rima Pipoyan

Rima Pipoyan ist eine der prägenden Stimmen des zeitgenössischen Tanzes in Armenien – und längst darüber hinaus. Choreographin, Regisseurin, Performerin, Pädagogin: Sie vereint viele Rollen in einer Person und hat doch stets ein Ziel vor Augen – mit Bewegung Geschichten zu erzählen, die tief in die Seele reichen. Ihre Sprache ist der Körper, ihr Vokabular ist ein kühner Mix aus Ballett, zeitgenössischem Tanz, Kampfkunst und armenischem Kulturerbe.

Frühe Anfänge und künstlerische Entwicklung

Bereits mit 16 Jahren begann Pipoyan zu choreographieren. Bald wurden ihre Arbeiten auf internationalen Bühnen gezeigt – in Europa, Russland und weit darüber hinaus. Ihr Solo Woman Before Decision Making (2018) wurde in über 30 Städten weltweit präsentiert, What If (2019) entstand im Rahmen der Biennale College Choreographers in Venedig. Mit Me, My non-Self and I (2022) wurde sie Teil des Aerowaves Twenty22, einer Auswahl der vielversprechendsten jungen Choreograph:innen Europas.

Ihre Bandbreite ist bemerkenswert: Von abendfüllenden Balletten wie Sinful Passions (2015, Oper von Armenien) oder Anatomy of Emotions (2023, Bern Ballett) bis zu intimen Soli und Duetten reicht ihr Schaffen. 2025 feierte sie mit ICONeine umjubelte Premiere in Zusammenarbeit mit Context Diana Vishneva – ein Werk, das für seine emotionale Tiefe und innovative Bewegungssprache gefeiert wurde.

Pädagogin und Wegbereiterin

Pipoyans Wirken geht weit über die Bühne hinaus. 2017 gründete sie die Choreography Development Foundation, die junge Choreograph:innen fördert und der zeitgenössischen Tanzszene in Armenien eine Plattform bietet. 2020 rief sie die Abteilung für Modern Dance am Staatlichen Choreographie-Kolleg in Jerewan ins Leben – die erste ihrer Art in der Region. Damit legte sie das Fundament für kommende Generationen.

Ihre internationalen Residenzen führten sie unter anderem an die Akademie der Künste Berlin, die Biennale in Venedig, die Villa Empain in Brüssel oder den Tanzkongress in Deutschland. Sie ist zudem Fellow des Creative Armenia „East-West Resident“-Programms. All diese Stationen erweitern ihr Schaffen um eine Dimension: die ständige Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, Sprachen und Ausdrucksformen.

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Ästhetik und Themen

In Pipoyans Arbeiten treffen philosophische Tiefe, ästhetische Präzision und furchtlose Innovation aufeinander. Ihre Stücke kreisen um Fragen von Identität, Existenz und Erinnerung. Der Körper wird bei ihr zum Träger von Geschichte, zum Resonanzraum von Mythos und Moderne. Die Bewegung ist nie Selbstzweck, sondern Erzählung – oft poetisch, manchmal archaisch, stets eindringlich.

Deutschlandpremiere in Stuttgart

Im Rahmen der Armenischen Kulturtage Stuttgart bringt Rima Pipoyan am 25. Oktober 2025 zwei Werke zur Deutschlandpremiere: Voskor und Khali.

In Voskor verwandelt sich der Tanz in ein Ritual zwischen Leben und Tod, Erinnerung und Wiedergeburt. Bewegung, Klang und Licht verschmelzen zu einer archaisch-modernen Performance. Khali wiederum führt in die Welt der armenischen Teppiche. Fünf Tänzerinnen verkörpern die Farben eines uralten Teppichs – Rot, Blau, Gelb, Grün und Braun – und lassen so Symbole, Geschichten und Generationen lebendig werden.

Beide Stücke zeigen exemplarisch, was Pipoyans Kunst ausmacht: die Fähigkeit, Tradition zu transformieren und sie in ein zeitgenössisches, universelles Erleben zu übersetzen.


Hinweis: Am 25. Oktober 2025 zeigt Rima Pipoyan mit ihrer Compagnie die Stücke Voskor und Khali im Großen Kursaal Stuttgart-Bad Cannstatt (Königsplatz 1). Beginn: 20:30 Uhr. Eintritt: 22,50 € / 18,50 €.