Erinnern durch Bilder
Ein Porträt von Inna Sahakyan
Inna Sahakyan gehört zu den wichtigsten Stimmen des armenischen Dokumentarfilms. Regisseurin, Produzentin und Drehbuchautorin, versteht sie es, vergessene Geschichten ans Licht zu holen und dabei die großen Fragen von Identität, Erinnerung und Menschlichkeit neu zu stellen. Ihre Filme verbinden Recherche mit künstlerischer Kraft – und machen Geschichte erfahrbar.
Erste Erfolge
Ihr Langfilmdebüt The Last Tightrope Dancer in Armenia (2010, Co-Regie mit Arman Yeritsyan) war sofort ein Meilenstein. Der Film über die letzten Vertreter einer alten Zirkustradition gewann beim Golden Apricot Film Festival den Preis für den besten armenischen Film. 2021 folgte Mel (Co-Regie mit Paul Cohen), das die Geschichte einer trans* Gewichtheberin aus Armenien erzählte und 2022 beim Internationalen Dokumentarfilmfestival Thessaloniki besondere Anerkennung fand.
Aurora’s Sunrise – ein Meisterwerk
International bekannt wurde Sahakyan mit ihrem animierten Dokumentarfilm Aurora’s Sunrise (2022). Der Film rekonstruiert das Leben von Aurora Mardiganian, einer Überlebenden des armenischen Völkermords, die später in den USA zur Hauptdarstellerin des Stummfilms Auction of Souls wurde. Sahakyan verknüpft in diesem Werk Interviews, wiederentdeckte Filmausschnitte und Animationen zu einem eindringlichen Zeitdokument.
Aurora’s Sunrise wurde vielfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Asia Pacific Screen Award für den besten Animationsfilm, dem Grand Prix beim Internationalen Filmfestival und Forum für Menschenrechte in Genf (2023) sowie dem Publikumspreis bei Movies That Matter (2023). Der Film war Armeniens offizieller Beitrag zu den 95. Academy Awards.
Themen und Ästhetik
Sahakyan geht es in ihren Arbeiten stets darum, das Unsichtbare sichtbar zu machen: die Geschichten von Menschen, die sonst vielleicht im Dunkel der Geschichte verblieben wären. Ihre Filme sind geprägt von ästhetischer Präzision, dokumentarischer Strenge und poetischer Bildsprache. Sie öffnen Räume, in denen Schmerz, Hoffnung und Erinnerung nebeneinander bestehen können.
Stuttgart 2025 – Aurora’s Sunrise
Im Rahmen der Armenischen Kulturtage Stuttgart zeigt Inna Sahakyan am 25. Oktober 2025 ihren preisgekrönten Film Aurora’s Sunrise im Atelier am Bollwerk. Der Film erzählt das unglaubliche Schicksal von Aurora Mardiganian (1899–1994), die als Jugendliche den Genozid überlebte und später durch den Film Auction of Souls zum Symbol der Erinnerungskultur wurde. Archivaufnahmen, Fotografien und Animationen verschmelzen zu einem Werk, das gleichermaßen historisches Zeugnis wie künstlerische Reflexion ist.
Ein Film, der zeigt, dass Erinnerung nicht nur rückwärtsgewandt ist, sondern Zukunft formt.