Von Ararat bis Arktis

Ein Porträt von Winfried K. Dallmann

Es gibt Biografien, die klingen wie zwei Leben in einem. Die Geschichte von Winfried K. Dallmann gehört dazu: geboren 1956 in Berlin, Geologe von Beruf, aber zugleich Chronist vergessener Geschichten, ein Brückenbauer zwischen Naturwissenschaft und Menschenrechtsarbeit.

Von Berlin nach Norwegen

Dallmann wuchs im geteilten West-Berlin auf und studierte Geologie an der Technischen Universität. 1982 zog er nach Norwegen, promovierte 1987 an der Universität Oslo und begann seine Arbeit am Norwegischen Polarinstitut. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt lag auf der geologischen Kartierung Svalbards, jener kargen Inselgruppe, die zugleich Schauplatz dramatischer Klimaveränderungen und geopolitischer Spannungen ist. Bis zu seinem Ruhestand 2015 war er in Forschung und Lehre tätig – ein Forscher, dessen Blick stets auch die politischen Linien im Eis wahrnahm.

Der Blick nach Armenien

Doch schon lange bevor ihn der Norden prägte, führte eine Reise den jungen Dallmann 1976 in die östliche Türkei. Dort suchte er nach Spuren des Völkermords an den Armeniern von 1915–1922. Was er sah und erlebte, ließ ihn nicht los. Jahrzehnte später entstand daraus sein erstes deutschsprachiges Buch Tränen am Ararat (2018), ein eindringliches Zeugnis über das Weiterleben der Armenier in der Türkei und die Schatten der Vergangenheit. Weitere Bücher folgten, darunter Weiße Nächte (2021), über seine Expeditionen auf Spitzbergen, und Die Insel hinter dem Eisernen Vorhang(2022), eine autobiographisch geprägte Erinnerung an das Leben im geteilten Berlin.

Chronist der Minderheiten

Neben Geologie und Literatur zieht sich ein roter Faden durch sein Leben: das Engagement für ethnische Minderheiten und indigene Völker. Nach dem Zerfall der Sowjetunion berichtete Dallmann ausführlich über die Lage indigener Gruppen im russischen Norden. Seine Texte – meist in englischer Sprache – sind präzise und empathisch zugleich. Er macht sichtbar, wie eng Mensch und Natur miteinander verbunden sind, und wie politische Entscheidungen Existenzen gefährden können.

Zusammenarbeit mit Tessa Hofmann

Die jüngsten Konflikte um Armenien und Arzach (Berg-Karabach) ließen in ihm den Wunsch entstehen, die Hintergründe in einem Werk zusammenzuführen. Gemeinsam mit der Berliner Armenien-Expertin Tessa Hofmann entstand so ein Buch, das historische Tiefenschärfe mit geologischer, politischer und kultureller Perspektive verbindet. Dallmanns Blick bleibt dabei stets interdisziplinär – einer, der Karten lesen kann, im Gestein ebenso wie in den verschlungenen Linien der Geschichte.

Stuttgart 2025 – Podiumsgespräch

Im Rahmen der Armenischen Kulturtage Stuttgart tritt Winfried K. Dallmann am 17. Oktober 2025 gemeinsam mit Tessa Hofmann auf. Unter dem Titel Das geopolitische Schicksal Armeniens – Vergangenheit und Gegenwart diskutieren sie über die Herausforderungen einer Region, die seit Jahrhunderten zwischen Großmächten und Nachbarschaften zerrieben wird. Dallmann bringt hier die Perspektive des Geologen ein: den langen Atem, der Landschaften und Kulturen gleichermaßen prägt.


Hinweis: Am 17. Oktober 2025 findet im Hospitalhof Stuttgart (Büchsenstraße 33) die Buchpräsentation und das Podiumsgespräch mit Winfried K. Dallmann und Tessa Hofmann statt. Beginn: 18:30 Uhr. Eintritt: 7,00 € / 5,00 €.