Erinnerung als Auftrag
Ein Porträt von Tessa Hofmann
Wenn von Armenien in Deutschland die Rede ist, fällt ihr Name fast immer: Tessa Hofmann. Philologin, Soziologin, Autorin und unermüdliche Menschenrechtlerin – sie hat wie kaum jemand sonst das Bild Armeniens, seiner Geschichte und seiner Diaspora hierzulande geprägt. Ihr Schwerpunkt: die Erforschung des Völkermords an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten im Osmanischen Reich.
Wissenschaftlerin und Autorin
Tessa Hofmann, geboren 1949 in Niedersachsen, studierte Slawistik, Armenistik und Soziologie. Nach Forschungsaufenthalten in Leningrad, Jerewan und Tiflis promovierte sie 1982 und arbeitete über drei Jahrzehnte am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin. Seit 1979 publiziert sie wissenschaftlich und publizistisch: Insgesamt 22 Bücher zur armenischen Kultur, Geschichte und Gegenwart stammen aus ihrer Feder oder wurden von ihr herausgegeben. Mit ihren Arbeiten hat sie maßgeblich dazu beigetragen, den Genozid an den Armeniern, Griechen und Aramäern wissenschaftlich aufzuarbeiten und international sichtbar zu machen.
Menschenrechtlerin
Doch Hofmann ist nicht nur Wissenschaftlerin, sondern auch Aktivistin. Seit den späten 1970er-Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich für bedrohte Minderheiten im Nahen Osten und im Südkaukasus. Sie ist Mitbegründerin der „Arbeitsgruppe Anerkennung – Gegen Genozid, für Völkerverständigung“ und Vorstandssprecherin der Fördergemeinschaft für eine Ökumenische Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich (FÖGG). Als Armenien-Koordinatorin der Gesellschaft für bedrohte Völker kämpft sie seit Jahrzehnten für die Rechte von Gemeinschaften, die oft übersehen werden.
Besonders eindrücklich ist das von ihr initiierte Gedenkprojekt auf dem Berliner Luisenkirchhof: eine ökumenische Gedenkstätte, an der Armenier, Griechen und Aramäer gemeinsam ihrer ermordeten Vorfahren gedenken. Hier wird Erinnerung sichtbar – als Mahnung und Auftrag zugleich.
Anerkennung und Auszeichnungen
Für ihr wissenschaftliches und menschenrechtliches Engagement erhielt Hofmann zahlreiche Ehrungen. Darunter den Preis des Präsidenten der Republik Armenien (2013), die Ehrenprofessur der Universität Jerewan (2015) und 2025 das Bundesverdienstkreuz. Damit wird ihr Wirken auch in Deutschland als das gewürdigt, was es ist: ein lebenslanges Engagement gegen das Vergessen und für die Menschenwürde.
Stuttgart 2025 – Podiumsgespräch
Im Rahmen der Armenischen Kulturtage Stuttgart wird Tessa Hofmann am 17. Oktober 2025 gemeinsam mit dem Osteuropa-Forscher Winfried K. Dallmann auftreten. Unter dem Titel Das geopolitische Schicksal Armeniens – Vergangenheit und Gegenwart diskutieren beide über die historische und aktuelle Lage des Landes: von den Traumata des 20. Jahrhunderts bis zu den aktuellen Konflikten um Berg-Karabach.
Es ist eine seltene Gelegenheit, eine der wichtigsten Stimmen der Armenien-Forschung im Gespräch zu erleben – reflektiert, klar und stets engagiert.